THE OCCIDENTAL DANDY-POSE presenting:
JOSEF K.: "Meine Heimat sind die Kaffee- Häuser Europas"

 

"DER WESTEN IST DER UNTERGANG, DAS ENDE DES TAGES. DER TAG DER MENSCHHEIT IST DIE WELTGESCHICHTE. DAS GEHEIMNIS DES WESTENS IST DAS GEHEIMNIS DES ENDES." (D. S. MERESCHKOWSKIJ: "Das Geheimnis des Westens - Atlantis-Europa. Betrachtungen über die letzten Dinge"/ 1929 )

"KNIGGE-WORKSHOPS haben Hochkonjunktur", läßt es der Zeitgeist aus irgendeiner seiner posaunenden Öffnungen verlauten. Und wer hinter dieser Meldung ein spätes Bollwerk gegen den Verfall vermuten möchte, der irrt. Der Zeitgeist höchst selbst rekrutiert nach Bedarf seine Statisten, ob aus Mitleid, schlechtem Gewissen oder vorsätzlicher Täuschung - wer weiß? Der Manierlichkeit, die nun mal kurz wieder in Mode kommt, ist, ihrer Substanz nach, nicht zu trauen. Viel mehr unbewußter Instinkt, als echte, willentliche Überzeugung gerät hier ins Spiel, unfähig, auch nur den Hauch eines ernsthaften Gegengewichts zu erzeugen. Die allgemein um sich greifende Verkommenheit scheint noch mal, wertlose Almosen über die verlorenen Terrains besseren Geschmacks und alten Stils verteilen zu wollen, wie sinnlose Tropfen auf die heißen Steine am Rande der Krateröffnung. Die letzten, altehrwürdigen Damen und Herren, am Vorabend des Unterganges, aus ihrer Distanz zum tobenden Wahnsinn einer ihnen immer unverständlicher werdenden Umwelt, sollen noch einmal Hoffnung schöpfen dürfen, vor dem Heimgang, in dessen Verlauf die Trauer immer mehr den Hinterbliebenen gebührt. KNIGGE-WORKSHOP - eine Totgeburt in sich - weniger noch als nur vergebliche Liebesmüh. Ein Zeitgeistprodukt, eine ausnahmsweise pseudoversöhnliche Laune der Widernatur. Ein Gnadenbrot ohne Nährwert am Sterbebett einer Generation, deren Leben, nebst den ertragenen Härten, noch Echtheit und Tiefe besaß. Boomende Workshops. Viele Berufene - keine Auserwählten. Viel Affekt und Buchstabensuppe zum letzten Abendmahl eines guten, untergehenden Tons.

JUDE LAW
kein Faschist,
aber scharf geschnitten
& in Schwarz

Die Bögen sind gespannt, nun heißt es: gehen lassen, geschehen lassen. Den Irren, den Unfähigen, den Schlechtesten das Sagen, das Tun, das Handeln und Planen überlassen, sowie der Untergang sie nach oben beruft, um endlich in Fahrt zu kommen, im steilen Bergab der sich überschlagenden Dekadenzen, des tobenden Irreseins. Keinen Widerstand mehr leisten gegen all das, was der Weltgeist an Figuren, Komparsen und Abschaum zur Feier des Unterganges nach oben bestellt - tritt zur Seite, suche das Abseits, die Sonne oder den Ausblick auf die letzten verbliebenen Oasen höchster Geschmacklichkeit, echten Stils und ins Vergessen geratener Klasse. Den Gauklern und Unterhaltungskünstlern ein breites Spalier, den politischen Selbstdarstellern und amtierenden Selbstbedienern, den Vertretern der bunten Geschmacklosigkeit und den Nutten, die ihre Biographien noch schreiben möchten und dahinter (um mit H.J.SYBERBERG zu reden) das "Goldene Kalb aus Scheiße", an dem hier über Jahrzehnte geformt wurde, und dessen Gestank zum guten Grundton dieser Gesellschaft gehört. Und hinter dem "Goldenen Kalb aus Scheiße" ein trojanisches Pferdegespann aus dem erweiterten Osten der EU, das unentwegt nach Zucker verlangt und ein Loblied auf den deutschen Sozialstaat zu singen weiß. Tritt zur Seite, such das Weite und laß dir von keiner streunenden Wahrsagerin die Zukunft Europas aus deiner Hand lesen, nicht für nur noch 20,- Euro, nicht für 10,- . Um keinen Preis. Weil diese Zukunft Europas nicht deine ist, weil dieses Deutschland nicht mehr deins ist. Wenn andere die Heimat zu Markte tragen, dann tragen wir die Heimat im Herzen. Das einzige, was uns hier und heute zu tun bleibt, ist es, dafür zu sorgen, daß uns der gute Geschmack nicht abhanden kommt, der eigene Stil und der Gestus, mit welchem wir uns, vor allem auch äußerlich, von allem unterscheiden müssen, was unter dem Sternzeichen des Gewöhnlichen in die Welt entlassen wurde. Laßt uns den letzten, wirklich echten Äußerlichkeiten des Alten Europas huldigen, laßt uns die letzten Vertreter jener Fähigkeit sein, die der schönen Oberfläche das geheime Innere zu entlocken im Stande sind. Sucht Euch die besten Logenplätze, bestellt den teuersten und besten Kaffee, den güldensten Cognac und genießt die Aussicht auf ein brennendes Rom. Die Herrlichkeit des Alten Europas, mit den apokalyptischen Überblendungen des allgemeinen Untergangs. "DAS ÄUßERE IST EIN IN GEHEIMNISZUSTAND ERHOBENES INNERE" (NOVALIS). Es gibt Oasen und Bastionen des erlesenen Geschmackes, wo die Tasse Kaffee ihre 10,- Euro schon deshalb wert ist, weil der Oberkellner sein Amt im Bewußtsein eines Zeremonienmeisters vollzieht und für eine Kulturwelt einsteht, die längst schon von geilen Geizhälsen, Pfennigfuchsern, Schnäppchenjägern und Happy-Digits- Sammlern überlaufen und in die Breite getreten worden wäre, wenn sich dort für Viereurofünfzig aus Eimern saufen ließe. Wem ein vortreffliches Glas Cognac in altehrwürdigem Ambiente, im Beisein einer hübschen Muse, mit Ausblick auf die antiken Äußerlichkeiten des Abendlandes, keine 25,-Euro wert ist, der wird an jeder schönen Äußerlichkeit auch nur Oberfläche und Kunsthandwerk für sich entdecken. Es gibt Kunstobjekte, die durch und durch Stein, Bronze, Marmor und Holz sind, aber mit der Aura eines höheren Lebens umgeben sind, von welcher ein Gegengewicht tausender zufälliger Humanoider allenfalls träumen kann. Eine Marmorstatue MICHELANGELOS z.B. ist, obgleich aus Stein, eher göttlicher als rein materieller Natur und stellt unsre Menschlichkeit auf eine Weise in den Schatten, daß unsere Natürlichkeit nur noch als ein Gebrechen betrachtet werden kann. Natürlichkeit, das ist die große Ausrede all der Stillosen, die meinen, daß fehlende Ästhetik sich mit der Feststellung entschuldigen ließe, daß die menschliche Natur in ihrer ungeschminkten Ursprünglichkeit das Maß der Dinge sei. Natürlichkeit mag in naturellen Zusammenhängen von Wäldern und Wiesen eine romantisch authentische Gültigkeit besitzen, in Bezug auf den Mensch aber bedeutet mir die Natürlichkeit nichts weiter als eine Ausrede für Unästhetik, Steinzeitlichkeit, erdgebundenen Primitivismus, Gestank, Zerfall, Siechtum und Schlampigkeit. Wir dürfen uns nicht von der Ausrede verleiten lassen, daß blutige Geburtsprozesse oder der Tod in der Krebsstation ja doch natürliche Vorgänge seien. Das höhere Leben muß sich aus dem Unrat des tellurischen Morastes befreiend zur Sonne durchkämpfen, von wo das Blut, das uns anhaftet, der Staub der Welt, die Verkrustung dessen, was das organische Leben so mit sich zieht, zurück bleiben muß. Die Göttlichkeit, die ich erstrebe, liegt in der Sterilität der Dinge, nicht im Laboratorium des Lebens und der Welt, nicht eingebunden zwischen Gewürm und Kompost, dem Dschungel oder einem großstädtischen Abwassersystem. Nur das Destillat weiß ihr trunkenes Lied auf die Reinheit zu singen. Und der Geist eines guten Weinbrandes weiß, wovon ich rede, wenn ich sage, daß wir allem Durcheinander der Säfte entkommen müssen, um wieder klar zu sehen. Ein guter Kaffee, ein unverwechselbarer Whiskey, eine Marmor- oder Bronzestatue weisen uns den Weg. Die schöne Oberfläche, deren Glätte uns berauscht, ist der Sonne zugewandt und will das Blut von uns Menschen, den Schweiß und unsre Zellstrukturen nur im Dunkel wissen. Der weiße Marmor, der unsere Körper überlebt, weist auf Gott und auf die Befreiung von allem, was uns Reibung bedeutet. Die Pein der Korrosion. Leggeschlagenes Fleisch, Wundwasser des Lebens, das den Tod bedeutet. Nur die Schönheit lockt uns aus dieser Verdammnis in Richtung jener Sehnsucht, die uns destilliert, transformiert und höher schwingt. Und nur das ist das Geheimnis auch des Eros. Tod, Verdammnis Lustbarkeit - die Verzweiflung im Versuch eines Brückenschlages. Natürlichkeit ist Verdammnis. Kunst und Künstlichkeit ein formschöner Schrei nach Erlösung, eine Gebärde zum Göttlichen hin. Wer die Welt verbessern will und dazu in Turnschuhen und Jeans in den Ring steigt, hat der Welt, die er verbessern möchte, schon ins Gesicht getreten. Die Kunst MICHELANGELOS, Caspar David FRIEDRICHS, der Ausblick auf ein wenig unbedeckte, anmutig weibliche Haut, die nicht zuviel des Guten preisgibt, die Ansicht einer Kathedrale oder eines antiken Fragments allein verbessern die Welt unentwegt, bei Tag und Nacht, aus einer Art inneren Ruhe heraus, die mit dem Ewigen korrespondiert und trotzdem mehr mit dem ewigen Krieg, als mit einem Frieden gemein hat. Aber menschliche Natürlichkeit, liebe Freunde, ist das Letzte und meint nicht mehr, als Asche zu Asche, Staub zu Staub. Das hat nichts mit MICHELANGELO gemein, nichts mit dem Cognac in purem Gold, nichts mit der Göttlichkeit, die uns aus dem Dreck der Natürlichkeit ruft, mit allen Mitteln der höheren Kunst. Geschmack, Stil und Klasse an den Tag legen, das ist Gottesdienst und selig ist, wer nicht trinken muß, um zu vergessen, zu verdrängen. Ein Hohepriester, wer Weingeist in Feuer wandelt.
 
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Davon weiß man hier nicht mehr viel. Zwischen geistiger Fachidiotie und konsumberauschter Massenhaftigkeit. Die Bewußtheit weicht dem Zufall, und am Ende spielt es keine Rolle mehr, ob man den Kaffee aus der Tasse oder dem Pappbecher trinkt - ohne jedes Bewußtsein eines Genusses. Und so genau tritt der Mensch immer mehr in Erscheinung, als jemand, der entweder dem Diktat oder dem Zufall folgt und den Launen der Mode, aber nicht mehr der eigenen Geschmacklichkeit, keinem eigenen Stil. Das traditionsreiche Kaffeehaus verkommt zur Antiquität, der Coffeeshop und der Pappbecher triumphieren über Stil, Eleganz und die herrliche Errungenschaft feinen weißen Porzellans. Abgesehen einmal von den unter der Modediktatur stehenden Labelfetischisten, trägt die Mehrheit in ihrer freiheitlich individuellen Geschmacklosigkeit immer mehr ihre Zufälligkeit zur Schau. Sie tragen irgendwelche Schuhe, irgendwelche Hosen, aber erst das zufällig bedruckte T-Shirt offenbart so richtig die geschmackliche Identität seines Trägers. Und genauso zufällig verfährt man auch in der Wahl seines Partners. Am Ende ist jeder Mensch nur das T-Shirt eines anderen, und deren Weltende in den eigenen vier Wänden ist die IKEA Apokalypse in EICHE hell. "WOHNST DU NOCH ODER LEBST DU SCHON?" Aber was daran ist Leben, was daran ist Wohnen? Was an solch niederen Zusammenhängen weist über das Vegetieren der letzten Menschlichkeiten hinaus? Das T-Shirt, die IKEA Inneneinrichtung, BIG-BROTHER TV, der Kaffee im Pappbecher, der Urlaub auf weißem Kunststoffmobiliar, die Unästhetik der Bewußtlosigkeit bloßen Daseins und das Ausfüllen der Zeit zwischen geboren Werden und Sterben, die Entsorgung der Nachgeburt, das stationäre Dahinsiechen, der zwischenmenschliche Betrug und die Glückwunschkarten zum Geburtstag, neben den Formularen zum Lohnsteuerjahresausgleich, und das Geschirr, das auf den Abwasch wartet. Das alles soll Leben bedeuten - aber es ist im Zusammenhang nie mehr als der Untergang. Wenn der Trivialität der gewohnten Abläufe nicht ein Moment jenes Feuers mehr innewohnt, das einen Vorgang über das Weltliche erhebt und heiligt, dann leben wir nicht, sondern vegetieren. Wenn das Ritual ohne Bewußtheit vollzogen wird, endet das Leben und beginnt das Siechtum. Die Verkommenheit des Menschen liegt allzu oft in der Bewußtlosigkeit gegenüber den Details. Man ordert sich einen Kaffee zum Zeitvertreib, oder zum Zwecke, wach zu werden und verschläft dabei die Chance, den Kaffee als solches wirklich bewußt zu genießen und den Genußblüten in uns Raum zur Entfaltung zu geben, durch intensivstes Gespür, durch wache Gaumenfreude. Allgemein spielt es schon keine Rolle mehr, wo ein Mensch seinen Kaffe zu sich nimmt und wie, ob im Stehen oder im Sitzen, auf egal welcher Art von Mobiliar. Man setzt die Welt nicht mehr in große Beziehung mit den Dingen und Vorgängen und merkt nicht, wie sich das Leben entzaubert, wie das schlechte Ambiente und billiger Kunststoff den Kaffee entwürdigen und wie groß der Unterschied wäre zwischen Pappe und Porzellan. Man muß dagegen ankämpfen, mit Stil, mit Klasse, mit Geschmack und unbedingter INTOLERANZ. So daß, wenn wir einmal abtreten, Lücken entstehen, die weder gefüllt noch überschwemmt werden können. Die Sterblichen hinterlassen keine Lücken, da schiebt sich der Brei des Gewöhnlichen einfach nach - und Ruhe ist. Was aus mir spricht, ist mehr als nur bloße Arroganz, es ist eine Kampfansage gegen das gewöhnliche Leben, das mit der Ausrede seiner Natürlichkeit nicht nur das Ende der Welt und der Zivilisation, sondern das Ende auch des Menschseins bedeutet. Fortschreitende Geschmacklosigkeit ist nur eine der Varianten verfaulter Fruchtbarkeiten eines Humanismus, der dem Westen nicht nur seine Götter genommen hat, sondern, im Tausch mit dem "Goldenen Kalb aus Scheiße", die Göttlichkeit auch noch zum Teufel jagt. Wir feiern den Untergang des Abendlandes, wir tun es bewußt, aus einem Gefühlsgemisch von Stolz und Trauer. Wir heben unsere Tassen und gut polierten Gläser und trinken auf den unausweichlichen Kollaps einer Welt, die vor allem an ihrer Geschmacklosigkeit zu Grunde geht. Wir trinken auf den abendländischen Staub all der Gebeine, die unter den Katalanischen Feldern ruhen, über welchen sich einst der Hunnensturm brach, wir trinken auf Tours und Poitiers, wo den Arabern Einhalt geboten wurde. Und wir trinken auf die Wehrmacht und die Freiwilligen aller Waffen-SS- Verbände, die nicht ahnen konnten, woran das Abendland letztendlich wirklich verderben würde, und wir fragen gar nicht nach dem über tausendjährigen Verlauf all des Blutes, das geopfert wurde zur Formvollendung eines Reiches, dessen Untergang nun zum Himmel schreit, zwischen den gebrochenen Augen der Toten, den Tränen der Väter und der Spucke der Söhne und Enkel über den Gebeinen der Gefallenen. Das Ende der Fahnenstange - der späte Untergang des guten Geschmacks, zwischen 70er Jahre Waschbetonplatten, Preßspan- Möbeln und dem Kaffee aus dem Pappbecher, weil mit dem Schwinden jeder Bewußtheit auch die Rituale hinfällig werden. Das "Goldene Kalb aus Scheiße" hat sich eine ganz eigene Menschheit erschaffen, ganz nach seinem Abbild. Der neue Mensch, mit all seinen abartigen Neuerungen, der zum letzten Menschen wird - nie war er so heutig, so jetzig, so momentan und vergänglich wie heute nacht. Es bedarf eines ausgesprochen guten Cognacs, sein Glas auf die Deutlichkeit so vieler alltäglicher Untergänge zu heben und zu wissen, daß nur die Beschleunigung des Verfalls uns zu gegebener Zeit mit der Welt wieder versöhnen kann. Wir stehen außerhalb der allgemeinen Spielfreudigkeit, am Tresen abendländischer Geduldsamkeit und gönnen uns eine Atempause, tiefe Züge besten Tabaks inhalierend und den schwelend kursierenden Geist alten Wermuts. Wir geben unsere Meinung in keinen gemeinsamen Topf und interessieren uns für keinen modernen Bewegungsablauf. Wie herrlich Recht hatte schon unser zum Club gehörender Vertreter des beseelteren abendländischen Dandytums, der gute Franzose Charles BAUDELAIRE, als er, wie folgt, meinte: "DAS FEHLEN JEGLICHER, AUF HERKUNFT BERUHENDEN, ARISTOKRATIE IST DAS GROßE UNGLÜCK (S)EINES LANDES, WEIL (...) BEI EINEM VOLK OHNE ARISTOKRATIE DER KULT DES SCHÖNEN NUR VERFALLEN, SCHWINDEN ODER VERSCHWINDEN KANN." Nein, die Demokratie des Verfalls ist dem Schönen wahrlich nicht fördernd eingestellt. Hier muß das ästhetisch Schöne, soweit es noch Reservate zugestanden bekommt oder eben durch denkmalschützende Instanzen gewahrt bleibt, immer mit dem Untertitel eines schlechten Gewissens gegen das häßlich Niedere kommentiert werden. Die von brüderlicher Freimaurerei proklamierte Gleichheit aller Menschen, sucht sich auch in der Kunst fortzusetzen, wo das Häßliche der Kunst nicht minder wert sein soll als das Schöne, wo verdächtig wird, wer seine Kunst nicht in die Breite treibt, wo jede künstlerische Hinwendung und Rückbesinnung zum Göttlichen das Aus einer Karriere bedeuten kann und das Ersticken eines Talentes. Wo soviel Gleichheit propagiert wird, wie in den westlichen Demokratien, da muß etwas faul sein - und auf diese Fäulnis weisen nicht nur die fetten Maden im triefenden Speck der westlichen Wertegesellschaft hin, die sich einander so zum Verwechseln ähneln, daß es, in der Tat, brüderlich wirkt, nein, es ist auch immer die mit dieser Brüderlichkeit einhergehende Geschmacklosigkeit, in Verbindung mit einer propagierten Individualität, die NICHTS, aber auch GAR NICHTS wirklich Herausragendes mehr kennzeichnet. "Land unter" heißt es für die Schönheit des Westens, wenn uns der äußere Anschein aus Stein, Marmor, Holz und Keramik nicht zum inneren Erlebnis wird. Wo der Wert des Schönen sich dem Markt verweigert und entzieht oder sich über seinen Marktwert erhaben weiß, da weckt er heldische Sehnsucht in uns - die Dich einsam, aber unverrückbar in den Zeugenstand erhebt, für einen Abgesang auf alles, was scheiden muß.

"WENN ICH IN DEN DINGEN DIESER WELT ZU BRAUCHEN WÄRE, UND WENN ICH NICHT DES SCHÖNEN IN KUNST UND NATUR UNABLÄSSIG BEDÜRFTE, SO WÜRDE ICH DIR SAGEN: WIR GEHEN MITEINANDER NACH AMERIKA! ABER DORT KÖNNTE ICH NICHT LEBEN. ICH BEDARF EINES HISTORISCHEN UND DAZU EINES SCHÖNEN TERRAINS, SONST STERBE ICH, WAS IM GRUNDE NICHT DAS SCHLIMMSTE WÄRE." (Jakob BURCKHARDT)

Heute muß keiner mehr nach Amerika gehen, um zu verderben. Amerika brach, über den Atlantik kommend, über uns herein. Der tönerne Golem weiß wohl, woher seine Rippe stammt. Aber er kommt nicht als ein verlorener Sohn, der er nie war, er kommt als Bastard eines unheimlichen Gemisches an Geschmacklosigkeit, das hier alles vergiftet. Und die hohe Errungenschaft, als welche man uns Demokratie und Freiheit verkaufte, waren am Ende nur Kunststoff, Burger, Coca Cola und der Untergang des Abendlandes. Nichts von imperialem inneren Wert. Historische Schönheit, die Patina eines Europas, das ewig hätte fortleben können.
WIR müssen unvergleichlich sein, ob nun im Anzug oder einer Uniform steckend, WIR sind die letzten Überlebenden einer Art, die sich nicht nivellieren läßt, weder durch falsche Brüderlichkeit noch durch die Behauptungen einer Gleichheit. Wir sind nicht gleich und stehen nicht auf selber Stufe mit den Bewußtlosen. Wir hegen keinen Haß gegen die andern, aber wir grenzen uns ab. Wir mögen stofflich verwandt sein, aber wir sind mit niemandem gleich. Und wenn wir unserem Fleisch gemäß nach außen hin Ruhe halten, weil das Leben uns zu Voyeuren beruft, brennt mit einer guten Tasse Kaffee oder einem Glas Cognac die alte Flamme einer göttlichen Intoleranz in uns auf, die ebenso berauschend wie beruhigend auf unseren Geist und die Seele wirkt. Es gibt Räumlichkeiten, die über kein Bewußtsein verfügen. Und es gibt Bars und Kaffeehäuser, in denen sich Zwiesprache halten läßt mit Gott. Wo ein Kellner sich noch als Meßdiener versteht, und ein Barkeeper noch Hohepriester des guten Geschmacks ist, wo die Bestellung eines altmodischen Drinks alleine schon sprachlose Verbindungen zaubert, da herrscht Klasse, und trotzdem darf ich mir erlauben, einen 1A Whiskey mit einer Pepsi Cola zu verschütten, als göttlichen Durstlöscher zwischen Himmel und Hölle und eigenen Beitrag zum Untergange eines Reiches, das einmal römisch war. Wenn die Aussicht stimmt und die Raumtemperatur, und das Leben uns ein paar Statisten zu unseren bestellten Drinks hinzu gesellt, und die Hintergrundsmusik nur noch anhand ihrer grundtiefen Bässe vernehmbar ist, kann es beruhigend schön sein, die Schiffe außerhalb unserer Reichweiten auf Grund laufen zu wissen.
Mehr muß man der Welt und dem Leben nicht mehr abgewinnen wollen, als an ausgesuchten Orten und wohl gewählten Plätzen die Kunst des hohen Genusses zu zelebrieren. Es ist kein Ausdruck, weder meiner Genügsamkeit noch einer Art von Bescheidenheit, die mich die flüchtigen Anflüge später Glückseligkeit lieber in einer Tasse guten Kaffees suchen und finden läßt, als mir noch weiter einen revolutionären Umbruch heraufzubeschwören, der schon vor 60 Jahren nicht gehalten hat, was er versprach. Mit Stefan GEORGE und Gottfried BENN allein hätte sich ein Reich bauen lassen. Es gibt hier einfach nichts weiter zu tun für uns, als die Bewegung dem Abschaum zu überlassen, und ungerührt von Europawahlen und Fußballspielen, alles an sich vorüber ziehen zu lassen. Stimmabgaben, Meinungskundgaben, Hooligans, Tagespolitik und der alltägliche Totschlag. In der Spiegelwand einer ausgesucht guten Bar aber will ich Männer blitzen sehn, mit akkurat sitzenden Krawatten, vom Jüngsten Gericht an den polierten Tresen bestellt, als stumme Zeugen des Zerfalls, der draußen vonstatten geht. Letzte Vertreter höchster Geschmacklichkeit, zwischen SS-EHRE und JESUITEN TREUE, lebendiger Grundstoff, aus dem man zu besseren Zeiten hätte Priester und Offiziere gewinnen können. Abkommandiert in den Zeugenstand, verächtliche Blicke durch Wände ins Weltliche schickend, ins Innere der Nutten und Verkäufer treffend, die ihre Bilanzen zu fälschen suchen, vor den apokalyptischen Reitern sich anbahnender Nachdenklichkeit und abgeschminkten in sich Gehens. Niemand, außer einem Ober in schwarz und weiß, hat das Recht, einem solchen Mann das geweihte Wasser und den Whiskey zu reichen, geschweige denn, ihn anzusprechen. Der Bannkreis und die Aura einer andersartigen Zugehörigkeit halten uns auf permanenter Distanz zu den Pestiziden des Gewöhnlichen und allen Vertretern der menschlichen Rasse, die keinen Gott haben, keinen Geschmack und keine Klasse.

Mancher Nachts heißt es wachen, am exquisiten Tresen einer schönen, aber nur schlecht besuchten Bar, die sowohl die besseren Zeiten, als auch das bessere Publikum längst hinter sich weiß, und deren dunkle Holzvertäfelung jenes spürbare Moll mit in die Räumlichkeit stimmt, wie es alten katholischen Kirchen zueigen ist. Diesen Grundton zu verstehn, bedarf es keiner musikalischen Kenntnis. Ein solcher Notenschlüssel offenbart sich schon in einem hübschen Glas Cognac, dessen wahrhaft spirituelle Natur jeder nächtlichen Apokalyptik ihren unverkennbar eigenen Geschmack verleiht. Das Blut Christi rauscht unentwegt und golden durch die Nacht und den hell lichten Tag. Was mich weiter noch Zuflucht in den besseren Cafehäusern Europas oder einer ebenso schönen, wie schlecht besuchten Bar suchen läßt, ist mein verlorener Krieg, die vergeudete Kraft, die verschwendeten Energien, die ganze mühevolle Vergeblichkeit um nichts, die zerbrochenen Träume, und die Stück für Stück begrabenen Splitter eines vermeintlichen Glücks, welche nie mehr ein Ganzes ergeben, die Opfer, die man dargebracht, ohne, daß ein Gott sich ihrer angenommen hätte, die vertane Zeit, die nebenbei mitlaufend mir keine verlorene Sekunde mehr rückerstattet, die Trauer um das Vaterland, das, in Anbetracht des allgemeinen Siechtums, vorerst nicht mehr zu retten ist, sowie der Schmerz um den Mutterboden, der uns nur noch den Rücken zeigt und lieber frieren möchte, als noch einmal fruchtbar zu sein, für nichts. "ICH TRAGE DAS BEWUßTSEIN DER NIEDERLAGE WIE EIN SIEGSPANIER MIT MIR HERUM", sagt der portugiesische Schriftsteller Fernando PESSOA und steht damit in Tuchfühlung zu einer Mystik des Verlierens, die heldischer und schöner strahlt, als jeder weltliche Sieg. Die Cafehäuser Europas, mein Asylum, mein Zeugenstand, meine Ruhestätten, Oasen eines Friedens, den keiner mit mir teilt. Wortlose Gerichtsbarkeit. Urteilsverkündung durch bloßen Blick. Alles von oben herab, versteht sich. Und wenn die Qualitäten von Ort und Zeit mit der des Kaffees übereinstimmen, dann ist das ein unscheinbar großes Glück. Vom Leben heute mehr zu verlangen, wäre, in Anbetracht der späten Uhrzeit, zu viel verlangt. Alles soll seinen Gang nach unten nehmen, der Verfall sich beschleunigen und was mich nicht juckt, zwischen freilaufendem Rinderwahn und paranoiden Antisemitismuskonferenzen, kann mir den Buckel runter rutschen, nur der Kaffee und der Cognac sollen noch schmecken, bei freiem Blick auf die Sonne, einen offenen Himmel, über die See, das Meer oder die schimmernden Dächer einer Stadt, die man von oben betrachten muß, um darin noch Gerechte zu finden. Der Untergang aller guten Geschmacklichkeiten und des Abendlandes, das war von vorne herein die Demokratie, und das einzig Mitreißende an der Demokratie war schon immer der Abwärtstrend. Alles hat sie mit hinunter gezogen - Stil, Klasse, exquisiten Geschmack.

"In seinen Artikeln über den Dichter (Edgar Allan POE ) beschreibt BAUDELAIRE ihn als einen Einzelgänger in einer Gesellschaft, die keine belesene Klasse mehr kenne, welche sich den Umgang mit der Literatur zur Ehre anrechne. Das Amerika POES sei exemplarisch für den kulturellen Niedergang, der mit dem Aufkommen der bürgerlichen Gesellschaft und der Demokratie einhergehe."
 

LEX BARKER in Vollkommenheit

LEONARD COHEN
Songwriter, Melancholiker & zärtlicher Faschist
Schon in den 60er Jahren eine stilvolle Ausnahmeerscheinung.
 

Ich stehe am kunstvoll geschliffenen Tresen einer Bar, deren mahagonihölzerne Magie den Charme einer alten Segel-Yacht verstrahlt und die Feierlichkeit eines Hochaltars, der noch im Stande ist, seinen Betrachtern eine Stimmung der Andacht mit abzuverlangen. Man soll hier nicht an Trinkgeld sparen. Dunkles, auf Hochglanz gebrachtes Holz, Spiegelglas in Goldtopas und Rosalin, flaschenweise flüssiges Gold, blutleuchtendes Rot und transparentes Silber, hochprozentig und schwer, tief, ruhend in Frieden und Geduldsamkeit. Eine mit Messing beschlagene hölzerne Reling mit strengem schwarzem Lederbezug, dessen Animalität durch meisterhaftes Kürschnerhandwerk erst zu bezaubern und glänzen weiß. Eine schwarze gezähmte Haut, die Zärtlichkeit spendet und uns menschlicher erscheint, je göttlicher man sich wähnt, in seiner tierischen Einsamkeit. Wirkliche Tragik - das bedeuten in solchen Momenten nicht die Schlagzeilen der Tageszeitungen, die vom Rand des Geschehens aus vergeblich dein Interesse suchen, mit den Flugzeugabstürzen, den Bombenattentaten und dem alltäglichen Mord, der zum Bier einer Allgemeinheit gehört, die hier keiner sehen möchte. Tragik bedeutet in diesen ambienten Zusammenhängen, wenn der Barpianist das Zeug hätte, ein langsames Stück von Cole PORTER vorzutragen, aber dann ausgerechnet "WIND OF CHANGE" von den SCORPIONS zum besten gibt. Wenn dann die einzig noch anwesende Frau eine billige Prostituierte ist, die dich mit brüchigstem Deutsch fragt, was der Mann am Klavier da gerade spielt, kann man ihr mit abgewandter Haltung nur: "Schiffeversenken" zur Antwort geben und gehen. "WIND OF CHANGE " in einem Ambiente, das unentwegt nach Cole PORTER und Frank SINATRA verlangt, nach Rod McKUEN oder einer tridentinischen Messe. Wo heute "WIND OF CHANGE" gespielt wird, kann bald schon der Kaffee in Pappbechern serviert werden, und wo ein Lotse von Bord geht, weiß irgendwann auch keine zufällig unberufene Bedienung mehr, in welche Art von Glas ein Cognac gehört oder aus welcher Zusammenstellung ein MARTINI EXTRA DRY besteht... Auch das, ein Szenario des Untergangs. Wohin mit deinem geschmacklichen Anspruch, wenn auch die zuviel versprechende Nobeldiskothek, die permanent ihren Platz auf der Weltrangliste zu behaupten vorgibt, im Untergang begriffen ist, und deren Barkeeper den Unterschied zwischen einem Martini und einem Martini Extra Dry nicht kennen und dann noch eine geschlagene viertel Stunde brauchen, um den ersatzweisen Cognac zu finden, zu dem es dann immer noch kein passendes Glas gibt im Bestand? Wohin mit deinem Anspruch, wenn die Welt und das Leben nur noch leere Versprechungen machen, wenn Qualitäten zur Lüge mutieren, und die Schönheit junger Damen ihre Dummheit nicht mehr aufwiegt, und der Lack, an dem wir kratzen, keinen Background offenbart? Wer sich jetzt locker macht, den reißt es mit sich. Wer die innere Distanz nicht wahrt, verdirbt, und das ist weitaus schlimmer, als nur unter zu gehen. Verkommenheit macht sich breit - der Weihrauch der Götzendiener steigt zu keiner Decke mehr, sucht nicht mehr das Weite eines offenen Himmels, schleicht sich verstohlen nur übers Parkett und war am Ende nur Trockeneis, das stirbt. Geschmacksfragen in Anbetracht so vieler haltloser Quantitäten, die dich sintflutartig nach unten ziehen möchten. Ein ASBACH URALT kann hier schon Abhilfe schaffen und dir die Welt auf Abstand halten, im Bernsteinglanz seiner geistreichen Heiligkeit. Ein guter Weinbrand, ein edler Cognac, ein elitärer Armagnac, ein ausgereifter Whiskey oder eine in Porzellan servierte Tasse Spitzenkaffe wären meiner kabbalistischen Hochrechnung nach kaum der Demokratie zuzuordnen, weil die Demokratie doch neben dem Attribut des Unterganges auch immer die Geschmacklosigkeit für sich in Anspruch nimmt. Die edelsten Spirits sind ihrem Weingeiste nach aristokratisch elitärer Natur. Das Selbstbewußtsein eines 20 Jahre gereiften Destillates ist seinem Wesen nach totalitär. Und ein Kaffee, der nicht dazu motiviert, nach den Sternen zu greifen, ist entweder schlecht und billig oder entkoffeiniert. Demokratie und falsch verstandene Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit finden ihre apokryphisch- kabbalistische Zuordnung bei Coca Cola, Prosseco und Pils. Demokratie ist vergleichsweises Durstlöschen. Genußfähigkeit und Wertschätzung höchsten Grades bleibt auch über den allgemeinen Untergang hinaus nur den Wenigen vorbehalten. Mein gelegentlicher Whiskey- Cola ist zugegebenermaßen eine animalische Angelegenheit und hat auch nie den Anspruch höchster Genußfreude je erhoben.
Blut und Cognac verlangen nach Opfern, nach Andacht und Tiefe. Limonade verlangt nach nichts. Das verstehn nicht nur die Nüchternen nicht, da bleiben auch die gewöhnlichen Pils Trinker im Ikea Ambiente ihrer gottlosen Pils-Stuben sprachlos. Wer sollte da auch mitreden können, der die Zusammenhänge nicht ahnt, zwischen höchster Geschmacklichkeit, elitärem Stil, berauschendem Weinbrand, vergossenem Blut und der Göttlichkeit, die dies alles umrahmt und erhebt. Das teuflische am hochprozentigen Alkohol ist in göttlicher Gesetzgebung verankert, denn der Verdammnis des Verderbs fallen doch die potentiellen Säufer nur anheim, die der Magie des echten Genießens gegenüber blind sind und sich im Suff gen Erde neigen, während der Hohepriester des guten Geschmacks seinen Geist am exquisiten Weinbrand entflammt, um in Tuchfühlung mit Gott zu geraten. Wer sich berauscht, ohne sich höher zu schwingen, muß zu Boden gehen und korrespondiert mit dem Staub einer Welt des schlechten Geschmacks. Totalität und Intoleranz mögen unser innerstes Empfinden vor dem Einbruch des gewöhnlich Sterblichen bewahren. Es geht hier auf Erden nicht um unsre verdammte Menschlichkeit, auf die sich der humanitäre Abschaum beruft. Es geht nicht darum, ein beschissenes, entwurzeltes, zufälliges, wirklichkeitsbezogenes, leeres und stumpfes Menschsein in einer beschissenen Umwelt nacktester Tatsachen und Sachlichkeiten als solches zu akzeptieren und es sich zwischen den Abgründen des Menschseins gemütlich zu machen, in der irrwegigen Hoffnung, daß die Menschen zu Brüdern werden, im Laufrad einer Gegenwart, die nach oben hin erschreckende Engen offenbart, für jeden, der seinen Blick über den Horizont hinaus erhebt. Nicht Menschlichkeit läßt uns höher steigen - nur guter Geschmack und die Sehnsucht nach Göttlichkeit. Reinrassige Hunde, Pferde, Raubkatzen und unverfälschter Schmuck, Marmor, Destillate und geschliffener Stahl weisen über das Menschliche hinaus. Bin ich nicht abgrundtief oberflächlich? Oder kann man der engen Gegenwart den schönen Anschein nicht entreißen, um ihm dann im Lichte hoch stehender Ewigkeitsbezüge wieder auf den Grund zu gehen und den Zauber zu entfesseln, der von Erlösung kündet? Aber hier ist alles menschlich, von den täglichen Ausscheidungsprozessen bis zur gottlosen Wirklichkeit des unerlösten Momentes, der den Takt schlägt, nach Vorwärts weist und nie vom Fleck kommt. Bodenhaftender Sexus des Momentes - dessen Ende die Unerotik, den Tod des Eros bedeutet. Kein Gott, keine Götter, kein Eros, kein Dionysos, nur Götzen der Schnellebigkeit...

Pierre-Eugene drieu La Rochelle
3. Januar 1893 - 15. März 1945
Schriftsteller, Eurofaschist und
Mann mit Klasse.
Cecil Beaton
standesgemäß von oben herab

"Die Zeiten für den Dionysoskult, einst Träger des Unsterblichkeitsgedankens, des goldenen Zeitalters der hellenischen Kultur, sind trübe. Ein Geschlecht von seelisch Impotenten, von Homunculi ist herangewachsen, das von der Poesie, der Beseligung des Trunkes, keine Ahnung hat, ein Geschlecht von Unter-Menschen, von Fanatikern einer freudlosen Gesundheit, die mit dem Wahnsinn von Asketen gegen den schönen Kult die Keule schwingen, die mit der Ignoranz von Bilderstürmern die Marmorgötter zerbrechen, auf den Trümmern der Bacchus- und Venusaltäre das Spital für den "Normalmenschen" errichten wollen. Für den Menschen ohne Sang und Klang und Weib und Wein, der zehn Jahre länger leben wird, als wir. "Leben"? Oho! Zehn Jahre länger durch die Qual eines wässerigen Froschdaseins schleichen, andere Phiolen-Männchen produzieren und mit blöden Augen um sich glotzen, als "bestia trionfante". Und kein neuer Nazarener erhebt sich, das Otterngezücht aus dem Tempel zu jagen, aus dem Tempel der alten, wie des neuen Gottes." (ein Göttlichkeit offenbarender Text aus der Feder des genießerischen Wahl- Römers Hans BARTH: "OSTERIA - Kulturgeschichtlicher Führer durch Italiens Schenken von Verona bis Capri."/ Julius Hoffmann Verlag, Stuttgart 1908)
 

Ja, die menschlichen Pilzgewächse läßt der Alkohol die Breite suchen. Breit sein, das heißt verdrängen wollen. Göttersöhne hingegen zieht der Rausch nach droben. Wir verdrängen nicht, wir drängen und streben. Die Dramatik dieses Rauschzustandes ist das spürbar schmerzhafte eingespannt Sein zwischen Himmel und Erde, der Rausch ein verzweifelter Fluchtversuch, der Erde zu entkommen und wieder reiner Geist zu sein. Die Frau, die Kunst und der Alkohol vermögen es, diesen Drang in uns zu erwecken, der uns über die Grenze ruft, an welcher wir wie Schiffbrüchige stranden, solange wir leben. Der Säufer hat keinen Geschmacksnerv mehr, sein Auftritt ist immer nur eine neue Episode seines Abgangs. Der Stil heiligt die Mittel, vom stillen berauscht Sein bis zum................ ! Der Idee des Stils, der Klasse und des Schönen liegt eine kompromißlose Grausamkeit mit zugrunde, die aus menschlicher Betrachtungsweise heraus nur noch falsch verstanden werden kann. Es ist die tief verborgene Animalität einer nackten "Venus im Pelz" etwa und der zähnefletschende Eros des heißen Begehrens männlicherseits, und der ganze wilde Urzeit Archaik, der doch nur in gebändigt zivilisierter Weise den übermenschlichen Moment sucht, um mit der Ewigkeit eins zu sein. Eingeschweißte Raubtierhaut, marsianisch magisch, zwischen Flamenco-Stolz und dem Blick durch die Leopardenmaske. Die Welt - ein magischer Zirkel, und das Leben - ein Ritual, nichts für Bewußtlose, nichts für die Breiigen. Schönheit die ich meine, liegt auf der Lauer, geschmeidig glänzend, zum Sprung bereit, und weil sie uns erschüttern muß, darf sie keine Gnade kennen. Ihr Biß ist animalisch - und schenkt doch Göttlichkeit. Menschlichkeit aber gibt es keine zwischen diesen Positionen. Kunst und Liebe entarten und gehen vor die Hunde, wenn sie menschlich werden. Um die LIEBE zu verstehn, um sie zu erfahren und weiter zu geben, müssen wir Götter werden. Und darum - wen die KUNST, das Gemälde, die Plastik, die Musik, der Baustil, das Destillat, der Schmuck, der Kunstschatz, das feinste Handwerk oder nur der nackte Sonnenschein oder das Rauschen des Meeres nicht zur eigenen Göttlichkeit hinweist, bleibt der Verdammnis des Menschseins verhaftet. Wer zum Ausgehen Turnschuhe trägt, Tretroller fährt und seinen Kaffee aus dem Pappbecher trinkt, weil er für eine Porzellantasse nicht zu weit gehen mag, bleibt ein verfluchter Mensch und kann nur hoffen, im Humanismus seine Auflösung zu finden. Nichts wird ihm Tor sein, nichts wird ihm Hinweis sein. Richard WAGNER, Arno BREKER, TIZIAN, DA VINCI oder ein spitzenveredelter Kaffee sind Daten, Fakten, Handwerk, Töne, Noten, Unterhaltung, schmuckes Beiwerk und ein wenig Geschmack. Aber nichts berührt ihn, nichts erhebt ihn, nichts ruft oder drängt ihn aus sich heraus. Die Sonne ist ihm eine Lampe, und sie trifft ihn nur deshalb nicht ins Herz, weil er keine Liebe hat. Aber der Mensch hat doch Gefühl, wirft die Welt nun ein. Ja, hat er, und dieses Gefühl, das er hat, ist so trügerisch wie die Welt, in der sich seine Gefühle spiegeln. Gefühl allein erhebt noch keinen totalitären Anspruch. Gefühl allein kennt nicht die Richtung und weiß nicht, wohin es treibt. Es fehlt der Absolutheitsanspruch. LIEBE dagegen ist ihrer Natur nach totalitär und eigentlich eine weltbewegende Naturgewalt, die, zusammen mit dem Eros, wahre Wunder zu vollbringen im Stande ist. Die Kaputtheit der momentanen Welt liegt auch mit darin begründet, daß man dem Gefühl mehr Bedeutung beimißt, als der LIEBE an sich, weil ein wenig Verliebtheit viel ungefährlicher ist als die LIEBE, weil das Gefühl des Verliebtseins so viele Freiräume offen läßt, und weil das Wehen der Gefühlsmäßigkeiten so frei und unverbindlich daher kommt. Aber wer gäbe sein Leben für jemanden, den er nett findet, für jemanden, der ihm angenehm ist, der ihn interessiert, mit dem er sich verheiraten würde, auch ohne, oder gerade wegen der fehlenden überzeugten Liebe. Und es fragt ja auch niemand danach, ob man für den Menschen, für den man Gefühle hegt, auch sterben würde. Hier würde niemand mehr, egal wofür, sterben wollen. Demokratie und Humanismus haben das Wachstum dieses letzten Menschen begünstigt und sind der Kunstdünger, auf welchem das neue nett Sein gedeiht, das ok Sein und das gegenseitige sich nicht einengen Wollen. Darum müssen die Qualitäten schwinden, darum verdirbt alles, was eigentlich zu höherem Wachstum berufen ist, darum verkommt die Welt, weil man dem Totalitarismus der Liebe entsagt, und alles so verdammt gleich geworden ist, daß die westliche Menschheit zu einem Ersatzteillager verkommt, innerhalb dessen eigentlich jeder mit jedem kombinierbar ist. Wenn es früher einmal hieß, daß es zu jeder Person irgendwo das passende Gegenstück gibt, dann heißt es heute, daß jeder Partner ersetzbar ist. All diese Miseren lassen sich immer auch auf die Krankheit der Geschmacklosigkeit mit zurückführen. Gottlose Lieblosigkeit bei gleichzeitiger Nettigkeit und Toleranz bedeuten das Ende von Allem. Stil, Klasse und ein guter Geschmack sind Attribute der Liebesfähigkeit. Alle haben sie Gefühl, die Humanisten, aber sie haben keine Liebe (im gewaltigen Sinne). Sie müssen sich auf komplizierte Weise die Welt und die Kunst erschließen und bleiben doch immer nur im vergleichsweisen Vorhof dessen, was Kunst, Geschmack und Schönheit bedeuten. Sie sprechen Richard WAGNER das Menschsein ab, wegen seiner antisemitischen Auswüchse in seinem Werk und nehmen die LIEBE nicht wahr, die in seinem Werk zum Tragen kommt. PARZIVAL, KARFREITAGSZAUBER. Der ganze Blutkreislauf der westlichen Welt - sie verstehen nicht. Und Christoph SCHLINGENSIEF in Bayreuth - das erst ist die Götterdämmerung, das Finale zum Untergang.

Ich will keinen Kellner um mich wissen, der sich seinen Stundenlohn errechnet. Ich will nicht du auf du mit ihm stehn, ich will ihn Kraft seines Amtes wirken wissen, im guten Glauben, daß er weiß, was er tut, wenn er den Drink serviert. In der Hoffnung, daß er aufgeht in seiner Tätigkeit, im klaren Bewußtsein, mir Gutes zu tun, mich zu bereichern. Ein solcher Kellner bringt zweifelsfrei Glück - den Gästen, sich selbst und dem Hause. Die Mehrheit aller Bediensteten führen ihr Amt automatisch aus und hätten genausogut in die Fabrik gehen können. Routine tötet, aber nur im Zustand der Bewußtlosigkeit. Routine in Verbindung mit hoher Bewußtheit erhebt das Wirken zum Ritual. Das Ritual folgt keiner Willkür - das wirkliche Leben kann nicht ohne Gesetz zum Tragen kommen. Aber wie bewußtlos vollzieht sich das Leben im Brennpunkt irgendwelcher stickigen Szenekneipen, wo man meinen möchte, der Qualm und der Lautstärkepegel wollten den Anschein echten Lebens mit Kraftanstrengung erwecken. Gehetzte Bedienungen, keine Kellnerinnen, die zwar bedienen, aber das Bewußtsein nicht versprühen, dir wirklich zu Diensten zu sein. Aber auch die Gäste sind nicht besser - Bewußtlosigkeit auf beiden Seiten, Routiniertheit im Geben und zu sich Nehmen - kein Ritual, kein Gottesdienst. Familiärer lockerer Umgang, freundlich und beziehungslos, wie Gruppensex unter Tieren - und doch so menschlich. Nein, lieber ins Foyer eines Grandhotels, dessen Leben sich nicht in Lautstärke zu artikulieren versucht. Hier werden Rituale zelebriert, hier stehen Gesetze im Raum, hier gibt es kein Drunter und Drüber. Und Gast und Bediensteter sind sich in dezenter gegenseitiger Zurückhaltung höher verbunden, als die Thekenschlampe und ihre Zecher aus der Studentenkneipe. Die Menschlichkeit meint sich durch demonstriertes Lockern und Nähe Schaffen nahe zu kommen. Höheres in Beziehung miteinander Treten ergibt sich unmerklich fast aus der jeweiligen Distanz und erzeugt eben auch Anziehungskräfte, die jede vorgetäuschte Annäherung einfach entbehrt. Ein guter Kellner, Ober oder erstklassiger Mundschenk wird nie einen Gast zu unterhalten suchen, wird in keine Unterhaltung einfach hereinplatzen und seine Gestik beim Bedienen wird immer defensiv und devot sein. Seine Lokalität ist sein Tempel, die Welt außerhalb seines heiligen Bezirks ist profan, und sowohl die Geräuschpegel der äußeren Welt, als auch deren Hektik wehrt er durch angemessene Haltung, Gestik und seine bewußte Einstellung gegenüber seiner Handlung ab. Er steht in der uralten Tradition des Tempeldieners, und was heutzutage ein vergebliches Wunschdenken leider ist, wäre, wenn heutige Freudenmädchen ihr entspannendes Handwerk ein wenig mehr in der Tradition jener ehrwürdigen Tempelhuren vollziehen würden, statt ihren eiskalten Mechanismus in einer Weise an den Tag zu legen, die für einen Freier zwar etwas befreiendes mit sich bringt, aber absolut nichts Beglückendes. Zum Verfall der äußeren Welt tun auch diese Frauen ihr Entsprechendes. Und die Krise, in welcher sich die Prostitution der westlichen Metropolen befindet, das Klagen, über die Unlust potentieller Freier, das Nachlassen des Geschäfts und schwindende Einnahmen mag nur in zweiter Linie ihren Ausschlag in der wirtschaftlichen Krise haben. Die Hauptursache dürfte ganz einfach jene sein, daß die heutige Prostituierte im reinen Geldbewußtsein zur Sache geht. Sie ist keine Dienerin mehr, wie noch vor Tausenden von Jahren. Sie hat die Kunstfertigkeit des Zelebrierens verloren, Routine und Geschäftstüchtigkeit hat sie das Bewußtsein gekostet, ihr haftet nichts "Heiliges" mehr an, und würde man sie fürs Schauspielen bezahlen müssen, dann wäre sie ihr Geld nicht wert. Sie ist Arbeiterin geworden, ganz und gar. Keine Künstlerin mehr, wie noch zu majestätischen Zeiten. Nicht mal mehr wirklich kokett oder originell tritt sie in Erscheinung. So stumpf meist und mechanisiert, wie die Roboter, die titanisierten, die zu ihrer eigenen Abfertigung vor ihr Schlange stehn. Und die Nutte am Tresen neben mir, wenn sie wenigstens reden könnte, wenn sich nur mit ihr sprechen ließe, so wie mit den feinen, vom Aussterben bedrohten, reiferen Damen, mit welchen sich bei seltener Gelegenheit noch angeregt reden läßt. Aber diese fleischfarbene Rechenmaschine, die den ganzen Abend lang nur kalkuliert und dabei so abgestanden wirkt wie der Drink, den sie als Alibi braucht, um hier sitzen zu können, gehört nun mal mit zur schlecht besetzten Schluß-Szenerie eines laufenden Spielfilms, der keine Höhen aufweist, keine Dramaturgien, nur noch die Geplänkel von Piano und gesäuberten Aschenbechern, die keines Untersetzers bedürfen. Was früher unbewußt nach Erfüllung schrie, schreit heute nur noch nach Erlösung. Die Szenerie befindet sich in jenem Zustand, in welchem der Barkeeper neben Gläser Polieren und einer Endabrechnung, eine geladene Pistole auf den Tresen legt, zwischen die Drinks und die Schale mit Erdnüssen, und ganz still davon ausgeht, daß irgendwer sich die Pistole greift, zur Toilette geht und sich dort erschießt. Es ist nicht mehr die Titanic, die sinkt - es ist das allgemeine Niveau, das unter 0 gerät. Alle Daseinsbereiche des Lebens werden unterspült. Im Kaffeehaus oder im Foyer eines Grandhotels aber lassen sich ganz in Ruhe noch Ansichtskarten schreiben, mit den kranken Motiven meiner Weltsicht.

 

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